Deichfeuer von Hannes Nygaard
Mitten in einer linden Sommernacht bricht auf dem einsam gelegenen Campingplatz „Heverstrom“ ein tödliches Feuer in einem Wohnmobil aus.
Ein alter Mann musste qualvoll verbrennen.
Es stellt sich heraus, dass Türen und Fenster des Mobils mit Panzerband verklebt wurden, dass Opfer hatte keine Chance zu entkommen.
Kommissar Große Jäger, der eh noch anderthalb Wochen Urlaub zu nehmen hat, mischt sich verdeckt unter die kleine handvoll Dauerbesucher.
Und siehe da: obwohl niemand wirklich mit dem wunderlichen alten Mann etwas zu tun hatte, scheint jeder – wirklich jeder – ein Motiv gehabt zu haben.
Große Jäger muss sich anstrengen um den kniffligen Fall zu lösen…
Und der Autor Nygaard hat auch wirklich alles gegeben um eine illustre Schar an Campern und die kleinen oder große Geheimnisse von ihnen zu beschreiben.
Unterschlagung, Kindesmissbrauch, Promiskuität, Blutschande, verquere Esoterik, vorehelicher Sex, Alkoholismus, Gewalt in der Ehe – alle menschlichen Abgründe scheinen auf diesem abgelegenen kleinen Campingplatz zu hause zu sein.
Dazu kommt, dass der Ermordete ein katholischer Priester gewesen ist.
Das weckt noch ganz andere Verdachtsmomente.
Große Jäger ermittelt allein, seine Kollegen aus Flensburg sind mit einem eventuellen Anschlag dort gebunden (Frauke Dobermann taucht aus Niedersachsen wieder auf), Kollege Cornilsen ist diesmal lediglich eine Randfigur.
Sehr einfühlsam wird das Schicksal von Kollege Hundt behandelt, den ein echtes Schicksal im ersten Drittel des Buches zu bestehen hat.
Das hat der Autor sehr behutsam beschrieben und das Handeln von Große Jäger erscheint sehr glaubhaft, fast liebevoll.
Das passt zwar nicht ganz zu Frotzeleien, die sonst zwischen den beiden in den vorangegangenen Thrillern herrschten, ist aber nett beschrieben und ist in der Quintessenz stimmig mit dem Charakter von Wilderich Große Jäger.
Das Thema an sich ist heikel gewählt, ein katholischer Pfarrer ist per se in Nordfriesland ein „besonderer Hirte“, lassen sich die Katholiken doch am Daumen abzählen.
Mittlerweile gibt es hier mehr Moslems.
Allein mit dieser Tatsache spielt Nygaard ganz geschickt.
Ansonsten gibt es natürlich wieder viel Lokalkolorit, die Einheimischen werden mit Augenzwinkern dargestellt.
Keiner ist wirklich doof, der ein oder andere natürlich etwas schlicht strukturiert aber gern mal bauernschlau.
Wie in beinah jedem Buch der Reihe gibt es Dialoge zum „Zehennägel hochrollen“, so spricht einfach kein normaler Mensch.
Aber das kennt man mittlerweile und muss akzeptiert werden.
Die Auflösung ist eine kleine Überraschung, menschlich abgründig – und doch vor allem menschlich.