Blaue Wimpel im Sommerwind: Ferienlager in Brandenburg 1949 – 1989 von diversen Autoren
Ein bemerkenswerter, weil immer wiederkehrender Unterschied in den Lebensläufen von Ost- und Westdeutschen sind die Ferienlager.
Im Osten weit verbreitet, im Westen quasi nicht existent.
Und trotz der Omnipräsenz findet dieses Kapitel so gut wie keine genauere Beachtung, was die persönlichen Erinnerungen angeht.
Der recht kleine Verlag mit dem sperrigen Namen „Die Mark Brandenburg – Verlag für Regional- und Zeitgeschichte“ nimmt sich mit einem kleinen, kaum 170 Seiten starken, stark bebilderten Taschenbuch dieser Nische nun einmal an.
So bekommt der westdeutsche Leser einmal einen interessanten Einblick in ein spannendes Kapitel aus dem Leben vieler Ostdeutscher, die wiederum können in Erinnerungen schwelgen, ob nun in angenehmen oder unangenehmen – muss jeder für sich selbst entscheiden.
Das Büchlein beginnt mit den Anfängen der Ferienlager, die bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen.
Richtig Fahrt nahm die Verbreitung der Lager allerdings erst zum Ende der Kaiserzeit, bzw. zu Beginn der Weimarer Republik.
Angespornt durch Erfolge der Sowjets mit deren Erfahrungen von Ferienlagern gründeten die deutschen Kommunisten 1928 in der Nähe von Templin ihr erstes Pionierlager, in etwa zur selben Zeit wie die Nationalsozialisten.
In dieser Hinsicht standen sich Kommunisten und Nationalsozialisten dichter als gemeinhin angenommen.
Die Jugend auf seine Seite zu ziehen versuchten die ganz Linken genauso wie die ganz Rechten.
Nach dem Zusammenbruch wurde 1947 im thüringischen Weila dann das erste Ferienlager der „Freien Deutschen Jugend“ (FDJ) unter dem Namen „Junge Freiheit“ ins Leben gerufen.
Die Unterstützung der Besatzungsmacht ist den Organisatoren immer sicher gewesen, wurde Schulung des Nachwuchses doch gern gesehen.
An der Frage ob DDR-Ferienlager auch heute noch eine gewisse Vorbildfunktion haben könnten, da der Staat sich Sorgen um seine Jugend macht, oder ob die jungen Menschen nicht einfacher außerhalb ihres Elternhauses indoktriniert werden könnten scheiden sich die Geister.
Doch die Tiefe der Indoktrination ist nicht in jedem der fünfzehn Lager in der Mark Brandenburg gleich gewesen.
Vieles hing davon ab, wer die Ferienlager organisierte.
Meistens sind es Betriebe gewesen, dessen Aufgabe es gewesen ist, dafür zu sorgen, dass Eltern, die zumeist beide erwerbstätig waren und schnell wieder in die Produktion mussten, in den langen Sommerferien ihre Kinder gut untergebracht wussten.
In diesen Lagern ist der Grad der Indoktrinierung recht gering gewesen.
Zu diesen genannten fünfzehn Lagern gehörte allerdings auch das Lager „Pionierrepublik Wilhelm Pieck“, in welchem das ganze Jahr über Schulungen abgehalten wurden.
Hierher kam nur, wessen schulische Leistungen ansprechend war.
Gleichzeitig musste das private Engagement ebenfalls sozialpolitisch korrekt sein.
Andere bekamen keinen Zutritt, so schulte man schon mal den Nachwuchs.
Als Beweis dafür kann gelten, das auf den entsprechenden Bildern in dem Buch nur Menschen mit dem Pionierhalstuch zu sehen sind.
Das sucht man auf den anderen Bildern quasi vergebens.
Aber wie auch immer, die persönlichen Berichte über die Zeit in den Ferienlagern sprechen vor allem davon, mit welcher Begeisterung junge Menschen das Gemeinschaftsgefühl in den Ferienlagern genossen haben.