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Lutz Seiler: Stern 111

Stern 111 Romanrezension
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Buchcover zur Kritik von Stern 111

Nur wenige Tage nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes lässt das Ehepaar Bischoff sein bisheriges Leben im beschaulichen Gera für immer hinter sich.
Die nackte Angst treibt die zwei um, dass die plötzliche Freiheit auch einfach wieder kassiert werden könnte, schließlich steht der Russe ja auch noch im besetzten Land.
Und was passiert, wenn denen der Geduldsfaden reißt, wissen die Bischoffs noch vom Arbeiteraufstand 1953.
Arbeit, Freunde, das eigene bescheidene Heim, soziale Geborgenheit – es bleibt alles zurück, um ein neues Leben im größeren Teil Deutschlands neu zu beginnen.
Dabei sind die beiden nicht mehr jung, über 50 wagen sie es noch mal einen ganz großen Schritt.
Dabei ist der Neuanfang alles andere als einfach, Notaufnahmelager und Durchgangswohnheime bestimmen nun neben einem unheimlichen Berg an Bürokratie auf die beiden „Flüchtlinge“.
Zurück lassen sich auch – durchaus mit ihm abgesprochen – Carl, ihren einzigen Sohn, der die plötzliche Entwurzelung nutzt, um seine eigenen Vorstellungen vom Leben zu nutzen.
Dabei verschlägt es ihn nach Berlin, wo er zunächst unter die Räder kommt, auf der Straße, bzw. in Vaters „Shiguli“ leben muss, bis er auf das „kluge Rudel“ trifft, junge Männer und Frauen als loses Kollektiv, die den Leerstand so vieler Wohnung in der zukünftigen Hauptstadt genauso wenig hinnehmen wollen, wie die drohende Schließung ihrer Kellerkneipe „Assel“.
So gerät Carl in den Strudel von Guerillakämpfen, etwas das er nie zu träumen gedacht hatte.

Doch im Grunde schlägt sein Herz nur für Effi, die er auf jeden Fall gern wiedersehen muss, ist Effi doch die einzige Frau, die er je wirklich geliebt hat.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit – Corona sei Dank – verkündete die Leipziger Buchmesse, das der vorliegende Roman „Stern 111“ einen Preis bekommen hat.
Titelgebener „Stern 111“ ist das DDR-Kofferradio, welches in der Kellerkneipe „Assel“ Tag und Nacht seinen Dienst versieht und ein buntes Potpourri an schrägem Personal und Gästen in der Kneipe unterhält.
Autor Seiler kellnerte selbst eine ganze Zeit lang, so dass er von der Materie sowohl als Bedienter als auch als Bediener sehr wirklichkeitsgetreu, teils absurd komisch zu beschreiben versteht.
Kleine Gangster sind in der „Assel“ ebenso unterwegs wie Nutten, Verlierer, Weltverbesserer oder russische Soldaten.
Autor Seiler bietet dem Leser zwei komplett unterschiedliche Handlungsstränge an.
Da ist natürlich die Odyssee der Eltern, die in die Bürokratie des Westens stranden, ohne große Chance dem zu entkommen, schließlich benötigen sie in fast jeder Beziehung Hilfe in diesem ganz anderen Deutschland, und auf der anderen Seite wird das Leben des eigenbrötlerischen Carl begleitet, der eigentlich gelernter Maurer ist, nun allerdings kellnern muss, dabei doch ein Freidenker bleibt und im Prinzip am liebsten seiner poetischen Ader nachgehen möchte.
Dieser Teil wird von Carl aus der „ich“ Perspektive beschrieben. Das grenzt den Autoren natürlich in seinem Handlungsfluss erheblich ein, bleibt jedoch lesenswert und spannend.
 

Mein Fazit
Meiner Meinung nach ist „Stern 111“ von Lutz Seiler nette Unterhaltung, die Irrungen & Wirrungen der Nachwendezeit sind einfach ein spannender Hintergrund für viele Geschichten, auch nach dreißig Jahren noch!

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