Fake News machen Geschichte: Gerüchte und Falschmeldungen im 20. und 21. Jahrhundert von Lars-Broder Keil & Sven Felix Keilhoff
Früher gab es „Gerüchte“ oder „Falschmeldungen“ – ein schönes Wort aber leider schon so gut wie vergessen – „Enten“.
In der heutigen – auf biegen und brechen – anglophonen Zeit ist das gleiche unter dem Begriff „Fake News“ in aller Munde.
Manipulationen der öffentlichen Meinungen sind höchstwahrscheinlich so alt wie die Kriege und Konflikte der Menschheit.
Doch sind bis zum ersten Weltkrieg die Möglichkeiten diese auch ins kollektive Gedächtnis von Bevölkerungen einzugraben recht gering gewesen.
Als eines der ersten Beispiele von „Nachhaltigkeit“ im negativstem Sinne sind vermutlich die Bilder von abgehackten Kinderhänden welche angeblich von deutschen Besatzern in Belgien als „Trophäen“ gesammelt wurden.
(Also die Hände selbst, nicht die Bilder!)
Zu allem Überfluß sind diese verbreiteten Bilder auch noch Zeugnisse von Gräueltaten der belgischen Kolonialherren in den eigenen afrikanischen Kolonien gewesen!
Die beiden Autoren Keil und Keilhoff haben nun mit diesem Buch elf Beispiele erbracht, die nicht nur die Fälschungen selbst entlarven, sondern auch die Auswirkungen derselben analysiert.
Diese erstrecken sich auf die Zeit von 1933 bis zm Jahre 2015.
Ein Gerücht an sich wird als „unvebürgtes Gerede“ definiert.
Dieser Definition gehen die Autoren als erstes in ihrem Buch nach.
Es entstammt also aus einer fragwürdigen Quelle, deren „wahrer Ursprung“ allerdings angenommen wird.
Die Veröffentlichung kann aus gutgläubig-fahrlässiger Absicht erfolgen oder gar – und dann wird es gefährlich – in bewußt bzw professioneller!
So beginnt das Buch mit dem Hinweis auf den Militärputsch der Potsdamer Garnison Ende Januar 1933, welches unbestätigt bis zum greisen Reichspräsidenten Hindenburg drang und diesen veranlaßte seinen Widerstand gegen Adolf Hitler als Reichskanzler zu revidieren.
Dabei beruhten die Verlautbarungen rundherum des angeblichen Putsches ohne Zweifel aus dem Umkreis des gerade zurückgetretenen Kanzlers Kurt von Schleicher!
Die Folgen für Deutschland sind bekannt…
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Die DDR-Führung machte die Führung des USA für eine Kartoffelkäferplage verantwortlich!
Angeblich warfen amerikanische Flugzeuge diese massenhaft ab um die Ernte zu vernichten.
Daraus wurde blitzeschnell – dank Staatspropaganda – ein biologischer Krieg der imperialistischen Kräfte gegen die aufstrebende Wirtschaftsmacht der DDR.
Sehr viel effektiver im kollektiven Gedächtnis blieb allerdings zum Beispiel die Mär der isolationgeknechteten RAF Mörder im Gefängnis Stammheim.
Von der linksliberalen Presse gierig aufgesaugt – und nie ernsthaft hinterfragt – wurde das Bild der einsamen Staatsfeinde kolportiert,die doch immer irgendwie nur für das Gute in Deutschland kämpfen wollten.
In Wahrheit bot sich Ensslin, Baader etc ein Leben das es für andere Gefangene nicht gab.
Die Autoren befassen sich zunächst mit dem historischen Hintergrund, bewerten die damaligen Zusammenhänge sowie die Auswirkungen der ersten „Meldungen“.
Anschließend zeichnen sie den weiteren Weg ins kollektive Gedächtnis mit den dazugehörigen Auswirkungen gut und fundiert nach.
So trugen die beiden ehemaligen „Welt“ Autoren ein Panoptikum zusammen, das bis zuletzt zu unterhalten weiß.
Der Schreibstil ist gut und flüssig, der Preis mit zwanzig Euro auch nicht zu hoch.
Meiner Meinung nach durchaus lesenswert.